Immich vs. Google Fotos

Vorwort:

Dieser Blogpost widmet sich dem Thema ‘private Fotoverwaltung’ - etwas das jeden (Hobby-)Fotografen und Bildersammler betrifft und auch mich über viele Jahre beschäftigt hat:
Zunächst mit Papierbildern, dann Dias und ab Mitte der 1990er Jahre Digitalfotos.
Diese wurden zunächst in einer hierarchischen Ordnerstruktur auf Festplatten gespeichert, und das ist, wenn ich mich im Bekanntenkreis umschaue, auch heute noch die am häufigsten angewendete Methode (wenn man mal von der unsäglichen Flat-File-Speicherung auf Handys absieht ).
Richtig zufriedenstellend ist das aber nicht (keine vernünftige Suchfunktion, keine Timeline, keine Filesystem-unabhängige Alben, kein geräteunabhängiger Zugriff…), und so kamen im Lauf der Jahre immer wieder Versuche mit anderen Ansätzen, vor allem auch mit Cloud-Speichern, dazu.
Diese haben vor allem den Charme dass man damit von überall aus und egal mit welchem Endgerät auf die Bilder zugreifen kann - das ist auch der Hauptgrund weshalb das inzwischen für mich die einzig sinnvolle Methode ist.
Fast ebenso wichtig ist aber auch das Teilen von Bildern und Fotoalben via Link, statt dem (beim Sender und Empfänger) ressourcenfressenden Herumschicken von Fotos und Videos per WhatsApp .

und nun zum eigentlichen Thema:

Vor Kurzem bin ich durch diesen Artikel auf die Bilder/Fotoverwaltung Immich gestossen und wurde neugierig.
Das vor Allem deshalb, weil zuletzt immer noch Google Fotos das Werkzeug meiner Wahl für diesen Zweck war, aber ehrlich gesagt: ein gutes Gefühl hatte ich dabei trotz aller Vorteile schon lange nicht mehr.
Google Fotos ist leicht zu bedienen, flexibel, mit tollen Features, ABER:

  • es füttert den Datenkraken (das Gründermotto ‘don’t be evil’ wurde schon vor langer Zeit ad Acta gelegt)
  • man weiss nie, wie lang das funktionieren wird, ich erinnere da z.B. an das Picasaweb Desaster (und das ist nicht das einzige Beispiel, das hat bei denen Tradition ).
  • es hat nicht auf allen Geräteklassen die gleichen Funktionen.
  • Import von Nicht-Google Geräten (z.B. Lineage OS Handys, Iphones..) ist mühsam.
  • es hat kein Command Line Interface (CLI).
  • es gibt (zumindest in Deutschland) keine Personenerkennung - was Google intern selbst analysiert ist aber nicht bekannt.
  • es gibt keine Möglichkeit, einen privaten Klon mit gleicher Funktionalität anzulegen.
  • usw…

In kurzen Worten: man ist nicht Herr über die eigenen Daten, das ist Google (bzw. ein anderer Cloud-Provider).

Deswegen halte ich immer mal wieder nach Alternativen Ausschau, mein letzter Versuch in diese Richtung war Nextcloud.
Allerdings war der nicht besonders zufriedenstellend - ich will hier kein Bashing betreiben aber schlussendlich war es mir einfach zu langsam, ressourcenfressend und unhandlich.
Da kam dann das o.g. Immich gerade recht - auch weil es auf den ersten Blick wie Google Fotos aussieht .
Die Einrichtung des Servers auf einem kleinen Debian 12 SBC gestaltete sich relativ einfach, dazu musste allerdings erst die Docker-Version auf den aktuellsten Stand gebracht werden, die von Debian mitgelieferte Version ist zu alt.
Ohne praktische Erfahrung mit Docker wäre es aber wohl etwas mühsamer geworden, das muss ich zugeben.
Die ersten Schritte im Web-Interface nach der Server-Installation gestalteten sich dann aber recht einfach, alles erinnert hier stark an Google Fotos.
Also weiter mit den Clients, hier bietet sich die nicht werbeverseuchte Version aus dem F-Droid Repo an.
Und die tut dann auch was sie soll: synchronisiert die lokale Fotogalerie auf dem Gerät zum Immich Server.
Hochladen lokaler Fotos aus anderen Quellen geht natürlich aus dem Web-Interface, auch das keine Überraschung.
So weit so gut, doch nun wird es spannend: es gibt auch ein Command Line Interface (CLI), damit kann man dann vieles wesentlich einfacher und schneller als durch Maus-Schubsen machen, z.B. eine ganze Ordnerstruktur rekursiv hochladen und gleich (auf Wunsch) automatisch ein Album daraus erstellen. Zur Installation des CLI ist allerdings wieder eine neuere Version von node.js sowie npm nötig, als die vom Debian Paketsystem gelieferte(n).
Also auch hier etwas zusätzliche Handarbeit notwendig, ich fand dafür diese Beschreibung am besten.
Und damit sind dann die wesentlichen Funktionen schon vorhanden, bis hierher auch schon mehr als das was Google Fotos kann .
Ansonsten ist die Performance des Servers ansprechend, jedenfalls viel besser als die von Nextcloud auf der selben Hardware, vom schöneren/logischeren UI ganz abgesehen.

Ein ganz besonderes Feature von Immich ist aber die eingebaute Personenerkennung, genannt ‘Machine-Learning’:

  • dieses funktioniert erstaunlich gut und erkennt meist auch Gesichter aus verschiedenen Epochen einer Person - z.B. eingelernt an Fotos im Alter von 25 Jahren, werden Personen auch auf Bildern im Alter von 60+ recht zuverlässig erkannt !.
  • dasselbe gilt auch für Bilder in schlechter Qualität bzw. Auflösung, auch dort funktioniert das erstaunlich gut.
  • und was hier ganz wichtig ist: beim öffentlichen Teilen von Fotos bzw. Alben werden die Namen aus der Personenerkennung NICHT veröffentlicht ! (das funktioniert nur beim Teilen mit im Server registrierten und angemeldeten Usern).

Das alles erscheint nun recht vielversprechend, allerdings sind vor einem wirklichen Umstieg noch einige Punkte zu klären, z.B.:

  • Automatische Synchronisierung der Clients (erledigt, siehe Einstellungen)
  • https via Reverse Proxy
  • Backup/Restore (Konfiguration und Test)
  • Hosting (Lokal, VPS, Webdienst..)

Der wichtigste Punkt ist hier sicher die Frage, ob das Ganze nachher auf einen lokalen Server bzw. ein NAS im LAN beschränkt werden soll (den man natürlich via DynDns + Port-Forwarding auch von aussen erreichbar machen könnte).
Alternativ wäre auch ein gemieteter VPS möglich, oder auch der geplante Webdienst des Projekts.
Also mal schauen wie sich das in Zukunft entwickelt, Updates folgen dann hier…

08/24: Inzwischen läuft mein Immich Server auf einem lokalen Minicomputer: Beelink BT3 , via DynDns auch von aussen erreichbar, der zieht nur 4 Watt und ist damit auch im Dauerbetrieb deutlich billiger als jeder externe Cloudspeicher .

12/24: So ein selber gehosteter Immich Server ist schon eine tolle Sache, jedoch erfordert er ab und zu etwas Aufmerksamkeit, vor allem bedingt durch die schnelle Weiterentwicklung, wodurch es auch mal zu Problemen kommen kann - Stichwort ‘breaking Changes’.
Hierzu gibt es deswegen einen neuen Eintrag (und auch eine Anleitung zum Download) in der Tips&Tricks Liste .

01/25: Das Ding wird immer besser: inzwischen sind ca. 18500 Bilder, fast 100 GB an Daten, darin gespeichert, incl. meiner inzwischen digitalisierten Dias aus den Jahren 1970 bis 1995 (das allein sind 2600 Stück) und die Personenerkennung wird auch immer besser - einfach genial .

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